Reisebericht Posaunenchor 2016

Dar Es Salaam, 12.05.2016. Außentemperatur gefühlt 35°C. Wir, 28 Bläser des Posaunenchors und Familienangehörige aus Neuhausen, steigen aus dem klimatisierten Flieger und quetschen uns mit unseren Instrumenten und Koffern in einen Minibus. Danach circa zwei Stunden Fahrt durch die Hauptstadt zum Hotel. Zwei Stunden schauen und Eindrücke einer afrikanischen Großstadt und deren Verkehrschaos verarbeiten. Willkommen in Tansania, meldet unser Mobilfunkanbieter. Damals wissen wir als unerfahrene Tansaniareisende noch nicht, dass diese überfordernde Situation der Beginn einer unvergesslichen Reise wird.
Doch das nächste ungewöhnliche Erlebnis folgt schon beim Essen im Hotel. Nachdem wir genau 8 tansanische Minuten auf unser Abendessen gewartet haben, gibt es am nächsten Tag zum Glück etwas Bekanntes: Spaghetti Bolognese – zum Frühstück. So gestärkt starten wir dann unsere Bajaji-Tour durch Dar Es Salaam. Auf drei Rädern cruisen wir durch die Stadt und der Fahrtwind macht die Hitze vergessen. Am Abend: Unser erster Auftritt in einer Kirche in Dar Es Salaam. Nachdem wir alle die waghalsige Fahrt überlebt haben, beeindrucken uns dort die Vielfalt der Chöre und die Herzlichkeit der Menschen. Jeder will ein Foto machen und mit uns reden. Auf der Straße werden wir ständig angesprochen und merken: Jetzt sind wir Weißen auf einmal die Exoten.

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Ein paar Tage später im deutlich kühleren Iringa: Wir sitzen in der Halle der University of Iringa und knabbern Erdnüsse mit dem Rektor und einigen anderen hochrangigen Funktionären. Zusammen diskutieren wir über Demokratie, Flüchtlinge und Weltpolitik. Die Tansanier loben Angela Merkel und erklären uns warum ihr Land trotz oder gerade wegen seines kommunistischen Erbes ein friedliches ist. Dabei fällt immer wieder der Name Julius Nyerere, der stets als großer Staatsmann beschrieben wird. Diese Begegnung ist interessant und ermöglicht uns einen guten Einblick in das Innere des tansanischen Staates und der Gesellschaft. Und vor allem merken wir: Trotz aller Unterschied haben wir doch dieselben Wünsche, nämlich Demokratie, Wohlstand und Friede.

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Diese Worte im Hinterkopf, reisen wir weiter. In unserem orangefarbenen Japanese Kids Bus poltern wir über geschotterte Straßen und Sandpisten, die man in Deutschland höchstens mit einem Geländewagen befahren hätte.Doch zum Glück haben wir Gott, der auf wundersame Weise verhindert, dass irgendetwas passiert. Auf unserer Überlandreise ziehen kleine Dörfer mit Lehmhäusern und Grasdächern an uns vorbei, wir passieren ausgetrocknete Flussbette und morsche Brücken und treffen immer wieder auf arbeitende Bauern oder Kinder, die unserem Bus hinterherrennen. Tansanische Landidylle pur.

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Dann vor uns auf einmal der Great Ruaha River. Wir haben unser Ziel den Ruaha National Park erreicht. Weite Ebenen mit vielen Elefanten, Giraffen, Antilopen, Zebras und sogar ein paar Löwen erwarten uns bei unserer Safari. Doch erstmal beziehen wir unsere luxuriösen Zimmer mit echtem Klo und Blick auf den Fluss. Morgens werden wir von den Hippos geweckt, bevor es mit Massai-Begleitung zum Frühstück geht. Eine absolute Wohlfühloase inmitten der Savanne. Diese finden wir auch am Ende unserer Reise in Bagamoyo vor. Ein tansanisches Fischerdörfchen mit einem Hauch deutscher und arabischer Kultur. Sandstrand und Palmen soweit das Auge reicht und ein herrlicher Kunstmarkt, der vielen die letzten Schilling aus der Tasche zieht, bilden die touristischen Highlights unserer Reise.
Doch unser Hauptziel ist noch immer Tandala – unsere Partnerstadt, die allen afrikanischen Klischees zum Trotz als kühles Gebirgsdorf durchgehen kann. Dort erwartet uns einer der schönsten Momente der Reise: Die Begrüßung durch unsere tansanischen Freunde. Alle sind sie gekommen, vom Diakoniezentrum, vom Kwaya Ya Kati und vom Posaunenchor. Sie begrüßen uns mit Blumensträußen und Umarmungen, sodass selbst wir Neulinge das Gefühl hatten, als wären wir altbekannte Freunde. Danach marschieren wir hinter dem auswendig aufspielenden Posaunenchor in Richtung Gästehaus.

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In den folgenden Tagen steht vor allem zweierlei auf dem Programm: Die Begegnung mit verschiedenen Gruppen und Einrichtungen in Tandala sowie die Mitgestaltung einiger Gottesdienste. Letztere entpuppen sich öfters als eine Belastungsprobe für unsere Sitzmuskulatur. So verbringen wir Stunden in bunt geschmückten Kirchen oder auch open air auf Gartenstühlen sitzend. Die Pfarrer loben Gott, viele Chöre singen und alle tanzen. Ein wahres Fest des Glaubens. Auch wenn die Reden und Predigten manchmal sehr ausschweifend sind, hören selbst die Kinder gebannt zu. Und auch uns bleibt einiges in Erinnerung: Einerseits, dass die Tansanier viel mehr an ein direktes Eingreifen von Gott durch den Heiligen Geist glauben als wir das tun. Zum anderen, dass der Sonntag ein wahrer Festtag ist, an dem alle Arbeit ruht und es wirklich darum geht Gott zu loben. So beginnt auch jede Rede und Predigt mit dem uns mittlerweile vertrauten „Bwana Jesu asifiwe – Gelobt sei der Herr“ und der Bestätigung der Gemeinde mit einem lauten „Amen“.
Dieses Bwana Jesu asifiwe ist überall präsent, in den Gemeindeteilen, bei der Aids-Aufklärungsgruppe Sumasesu und selbstverständlich auch beim Kwaya ya Kati. All diese Gruppen sowie Privatpersonen und weitere Chöre sorgen dafür, dass wir mit Essen geradezu überhäuft werden. Wir wurden umsorgt mit bestem Frühstück und viel Reis und Gemüse. Da wir als Gäste immer besondere Mahlzeiten erhielten, müssen wir am letzten Tag noch die Chance nützen in einem Restaurant endlich mal das typische Ugali zu probieren.

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Auffallend ist vor allem die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Tansanier. Schulkinder singen in der brennenden Hitze für ihre im Schatten stehenden deutschen Gäste tansanische Lieder vor.

Die alleinerziehenden Frauen von EBENRODE verkaufen handgemachte Tücher, Taschen und Schmuck um sozial noch Schwächeren zu helfen. 100 strahlende Kinderaugen schauen uns in der Schule an, mit dem Ziel einmal unsere seltsam weiße Haut und unsere Haare anzufassen. Frauen sitzen den ganzen Tag im Schatten des Diakoniezentrums und schälen Kartoffeln oder sieben Reis für unser Festessen am Abend. Gemeinsam mit einer tansanischen Familie sitzen wir in einem kleinen Wohnzimmer bei Kerzenschein und tauschen uns über unser Leben und unsere Zukunft aus.
Eine Zukunft, in der unsere Partnerschaft eine sehr wichtige Rolle spielt. Viele Leute erzählen uns, dass sie gern mal nach Deutschland möchten oder wiederkommen wollen, dass Tansania viel von den Deutschen lernen kann. Eine Aussage, die wir genauso zurückgeben können. Vor allem von der Gelassenheit der Tansanier, ihrer Gemeinschaft innerhalb der Gemeinde und der gelebten Nächstenliebe, die sie jedem Menschen entgegen bringen, können wir uns eine Scheibe abschneiden. Auch wir als vermeintlich Unbekannte, haben uns wie zuhause gefühlt und sind mit dem Auftrag, die Zukunft dieser einzigartigen Partnerschaft zu sichern wieder zurück nach Deutschland gereist.

Reisebericht von Carina Grupp und Sabrina Leibfarth